Reisebericht: Via di Francesco (2023 – Teil 3)

Im Jahr 2020 zogen wir los, um den Franziskusweg zu einem Teil zu laufen. Im Jahr 2023 machten wir uns auf zum zweiten Teil von Assisi nach Rom. Die Route war lange geplant und wir freuten uns darauf, doch zeigte sich immer wieder, dass bestimmte Sachen einfach nicht geplant werden können. Die ersten beiden Etappen hatten gezeigt, dass uns die Hitze dieses Mal wieder belasten würde, aber auch, dass wir ein paar wunderbare Orte sehen und denkwürdige Begegnungen machen würden. Der kommende Tag begann am Wasser und versprach wieder 20 Kilometer, diesmal aber durch naturwüchsiges Gelände.

Start beim Bäcker

Der Morgen begann mit einem wunderbaren Blick auf ein Feuchtgebiet an der Quelle. Ein flaches Gewässer, ein wenig Wasserrauschen und ein paar Enten – das war ein herrlicher Anblick!

Da wir in dieser Nacht in einem AirBnB übernachteten, war kein Frühstück inbegriffen. Daher hatten wir uns schon am Abend einen kleinen Bäcker in unserer Startrichtung ausgesucht. Doch wir lernten wieder einmal, dass Höflichkeit in Italien eine sehr andere Form annimmt, denn wir wurden mehrfach von anderen Gästen „überholt“, weil sie einfach lauter ihre Bestellung hineinriefen. Wir beiden guten Deutschen glaubten an die Macht der Warteschlange, die es in Italien einfach nicht zu geben schien. Außerdem war es mal wieder ein sehr italienisches Frühstück: ein Kaffee mit einem Croissant. Eine vollwertige Mahlzeit sieht anders aus, doch wir wussten es inzwischen zu nehmen und holten uns noch Müsliriegel und Obst im nahen Supermarkt.

Tour durch die Natur

Mit dieser kleinen Stärkung begannen wir die nächsten Kilometer auf dem Weg. Zwar liefen wir noch ein Weilchen an der Straße entlang, teils an scharfen Felswänden, doch dann begann endlich wieder eine lange Strecke auf Feldwegen. Es war zwar erneut brütend heiß, aber bei von Sonnenblumen gesäumten Wegen störte uns das nicht sehr.

So liefen wir Kilometer um Kilometer fast ohne weitere Vorkommnisse durch die Landschaft und sprachen zwischen tiefgründigen Gesprächen und totaler Blödelei über nahezu alles. Nur einmal überholte uns ein Traktor, der den Feldweg der Ernte wegen nutzen wollte. Gern hätten wir uns hinten angehangen und mitziehen lassen, um Kraft zu sparen. Einen kleinen Mittagsplausch gönnten wir uns etwa auf Hälfte der Strecke in einer kleinen Stadt, die auch offene Cafés bot. Dort gab es eines mit Klimaanlage, Toilette, Getränken und – bestem Deep House aus den Lautsprechern. Das konnten wir uns gefallen lassen!

Doch ganz so einfach war das Gelände nicht immer. Hier und da gab es Auf- und Abstiege, die wenn auch nur kurz, so doch intensiv waren. Entschädigt wurden wir dagegen immer wieder von weiten Ausblicken und auch einem kleinen Wasserlauf, der sich um Steine bergab schlängelte,

Übernachtung bei Karl Marx

Nach den üblichen 20 Kilometern erreichten wir wieder einen Ort, diesmal San Giovanni di Baiano. Dort erwartete uns erneut ein AirBnB, und das in keiner geringeren Straße als der Via di Karl Marx.

Die Betreiberin wies uns vor ihrem Haus einen Parkplatz für unser Auto aus und war sichtlich überrascht, als wir offenbarten, dass es einfach kein Auto gibt. Wir bekamen unser Zimmer und ein paar Erklärungen dazu, jedoch merkten wir schnell, dass es eine spärliche Unterkunft war. Es war nicht problematisch und wir ruhten uns vor dem Abendessen in einem wackeligen Bett aus. Auch die Dusche war abenteuerlich: Es gab keinen Duschvorhang und der Duschkopf war ziemlich direkt neben dem Toilettensitz. Man setzte also bei der Reinigung unweigerlich das halbe Bad unter Wasser.

Langer Abend in Italiens Hitze

Nach einer Erfrischung und einem reichhaltigen Abendessen – fragt mich bitte nicht mehr, was, ich weiß es einfach nicht mehr – wussten wir, dass wir noch nicht sofort würden schlafen können. Das Thermometer zeigte bis in den späten Abend hinein noch Temperaturen der oberen 20er. Also gönnten wir uns noch ein Kaltgetränk vom Kiosk und erzählten über Gott und die Welt. Wie auf dieser Reise üblich gerieten wir auch wieder einmal zu einem ernsten Thema und stritten über Politik. Uneinigkeit bestand darin, wie mit Resentiments der Bevölkerung und (Protest-)Wählern der AfD umzugehen sei. Ein sehr heikler Punkt!

Doch schließlich war eine solche Reise dazu gut, einmal grundsätzliche Gedanken zu erwägen und auszutauschen. Heiße Abende in Italiens Dörfern bieten die perfekte Gelegenheit, lange draußen zu sitzen und sich im Gespräch zu vertiefen. Doch wussten wir, dass wir bald schlafen müssten, denn der kommende Tag würde die längste Etappe der gesamten Wanderung bereithalten.

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